Bertelsmann Stiftung
KOMPIK: Kompetenzen und Interessen von Kindern

Naturwissenschaft in der Kita

Kinder machen sich ein Bild von der Welt, indem sie sie aktiv erforschen. Schon in den ersten Lebensmonaten scheinen sie über ein intuitives Verständnis für einfache physikalische und biologische Gesetzmäßigkeiten zu verfügen – wenn sie etwa erkennen, dass ein Objekt nicht einfach durch ein anderes hindurchgehen kann (z.B. eine Katze durch eine Mauer) und dass es einen Unterschied gibt zwischen Belebtem (z.B. einem Hund) und Unbelebtem (z.B. einem Stein). Dieses Phänomen wird auch als „intuitive Physik“ bzw. „intuitive Biologie“ bezeichnet (Sodian 2002). Im Laufe der frühen Kindheit eignen sich Menschen immer aktiver ihre Umgebung an. Kinder zeigen ein spontanes Interesse an ihrer belebten Umwelt – an Pflanzen und Tieren – und ihrer unbelebten Umwelt, wie Wasser, Luft, Feuer und Wetterphänomenen. Sie beobachten, stellen Fragen, vergleichen und experimentieren.

Durch gezielte Angebote können Fachkräfte dieses kindliche Interesse aufrechterhalten und fördern. Es gibt zahlreiche Möglichkeiten für gemeinsame, einfache Experimente im Bereich Biologie, Chemie und Physik (Fthenakis et al. 2009b; Lück 2003; Winterhalter-Salvatore o. J.), sowie für Lernerfahrungen und Experimente im technischen Bereich, wie das Auseinandernehmen und Analysieren technischer Geräte (Fthenakis et al. 2009a; Textor o. J. b; Winterhalter-Salvatore o. J.).

Experimentieren und Entdecken

Experimente können auch gut eingebettet werden in Projekte – etwa zum Thema „Wald“, „Wasser“ oder „Wetter“ –, in denen themenbezogen unterschiedliche Entwicklungs- und Lernbereiche angesprochen werden. Dabei sollte den Kindern möglichst viel Gelegenheit gegeben werden, selbstgesteuert zu entdecken, auszuprobieren und zu lernen. Experimente sind umso spannender und besser zu erinnern, je mehr sinnliche Erfahrungen die Kinder machen: je mehr sie sehen, hören, tasten, riechen und schmecken (Textor o. J. b; Winterhalter-Salvatore 2001). Gestalten die Kindertageseinrichtungen eine vielfältige Lernumgebung, können sie Kinder gezielt zum eigenen (Weiter-)Experimentieren anregen (Spodek & Saracho 1994).

Wissenschaftlicher Hintergrund

Über die systematische Anreicherung der Lernumgebung hinaus können pädagogische Fachkräfte das naturwissenschaftliche Denken von Kindern unterstützen, indem sie z.B. gemeinsam Probleme lösen, interessiert zuhören, wenn Kinder eigene Gedanken formulieren, oder durch modellhaftes Vormachen (McNaughton & Williams 2004). Dies kann im Rahmen von naturwissenschaftlichen Experimenten geschehen und auch in Alltagssituationen. Ausgangspunkte für ein solches unterstützendes Eingreifen von Erwachsenen sind häufig Impulse, die schon früh von den Kindern selbst kommen: Es gibt Hinweise, dass bereits Vierjährige in der Lage sind, Hypothesen zu entwickeln und sie anhand beobachtbarer Informationen zu überprüfen (Koerber et al. 2005). Kinder entwickeln sich zudem schon sehr früh zu aktiven Problemlösern. Zweijährige zeigen bereits zielgerichtete und organisierte Problemlöseversuche, um ein Ziel zu erreichen (Willatts et al. 1989, zitiert nach Oerter & Dreher 2002).

Mit zunehmendem Alter entwickeln Kinder immer komplexere und effizientere Strategien, ein Problem zu lösen. Konkrete Probleme und Fragestellungen in der Tageseinrichtung eröffnen vielfältige Chancen, systematische Problemlösestrategien zu erlernen: Problembeschreibung, Ursachensuche, Zielfestlegung, Suche und Abwägung von Lösungsmöglichkeiten, Auswahl einer Lösungsalternative, Umsetzung und Erfolgskontrolle. Geben die Fachkräfte durch offene Fragen und individuell angemessene Hilfestellungen zum richtigen Zeitpunkt Denkanstöße, ohne die Denkprozesse der Kinder durch eigene Vorstellungen zu stören, nehmen Kinder sich immer mehr als kompetent in der selbstständigen Problemlösung und der Beeinflussung ihrer Umwelt wahr (Textor o. J. a).

Naturwissenschaft bei KOMPIK

Der KOMPIK-Bereich „Naturwissenschaftliche Kompetenzen und Interessen“ umfasst drei Teilbereiche. Dabei bezieht sich der erste Bereich auf Kompetenzen, die beiden anderen auf Interessen der Kinder:

  • Naturwissenschaftliches Grundverständnis: Der Teilbereich Naturwissenschaftliches Grundverständnis und Denken beinhaltet Fragen zum wissenschaftlichen Denken und Problemlösen sowie zum Wissen um und Verständnis für biologische, chemische und physikalische Phänomene.
  • Forschen und Experimentieren: Der Teilbereich Forschen und Experimentieren umfasst Fragen zum aktiven Erkunden und Experimentieren der Kinder im Umgang mit ihrer belebten und unbelebten Umwelt.
  • Bauen und Konstruieren: Im Teilbereich Bauen und Konstruieren wird danach gefragt, ob sich das Kind für technische Zusammenhänge interessiert und ob es selbst Freude am Bauen hat.
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Ansprechpartner

Literatur

Fthenakis, W. E., Wendell, A., Daut, M., Eitel, A., & Schmitt, A. (2009a). Natur- Wissen schaffen – Band 4: Frühe technische Bildung. Troisdorf: Bildungsverlag EINS.

Fthenakis, W. E., Wendell, A., Eitel, A., Daut, M., & Schmitt, A. (2009b). Natur- Wissen schaffen – Band 3: Frühe naturwissenschaftliche Bildung. Troisdorf: Bildungsverlag EINS.

Koerber, S., Sodian, B., Thoermer, C., & Nett, U. (2005). Scientific Reasoning in Young Children: Preschoolers’ Ability to Evaluate Covariation Evidence. In: Swiss Journal of Psychology 64, 3, 2005, 141-152.

Lück, G. (2003). Handbuch der naturwissenschaftlichen Bildung: Theorie und Praxis für die Arbeit in Kindertageseinrichtungen. Freiburg: Herder.

McNaughton, G., & Williams, G. (2004). Techniques for teaching young children. Choices in theory and practice. Frenchs Forest: Pearson.

Oerter, R., & Dreher, M. (2002). Entwicklung des Problemlösens. In: R. Oerter & L. Montada (Hrsg.). Entwicklungspsychologie. Weinheim: Beltz. 469-494.

Sodian, B. (2002). Entwicklung begrifflichen Wissens. In: R. Oerter & L. Montada (Hrsg.). Entwicklungspsychologie. Weinheim: Beltz. 443-468.

Spodek, B., & Saracho, O. (1994). Right from the start: Teaching children ages three to eight. Boston: Allyn and Bacon. 

Textor, M. (a). Kognitive Bildung im Kindergarten. Gefunden am 20.12.2010 unter: www.kindergartenpaedagogik.de/1278.pdf.

Textor, M. (b). Naturwissenschaftliche Bildung im Kindergarten. Gefunden am 20.12.2010 unter: www.kindergartenpaedagogik.de/1238.html.

Willatts, P., Domminney, C., & Rosie, K. (1989). How two-year-olds use forwardsearch strategy to solve problems. Paper presented at the Biennial Meeting of the Society for Research in Child Development, Kansas City, MO.

Winterhalter-Salvatore, D. (o. J.). Mathematische, naturwissenschaftliche und technische Bildung im Kindergarten. Gefunden am 20.12.2010 unter: www.ifp.bayern.de/imperia/md/content/stmas/ifp/mathematische_bildung.pdf.

Winterhalter-Salvatore, D. (2001). Naturgesetze prägen unser Leben – mathematisch-naturwissenschaftliche und technische Bildung im Kindergarten. In: Bildung, Erziehung, Betreuung von Kindern in Bayern, 6, 2, 25-27.

 
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