Auswertung für das einzelne Kind
Individualbericht
Mit dem Bogen erhält die pädagogische Fachkraft einen Überblick über die Kompetenzen und Interessen, sowie das Befinden des einzelnen Kindes. Die Ergebnisse können Grundlage sein für die pädagogische Planung, den fachlichen Austausch im Team, für Elterngespräche und für die Zusammenarbeit mit anderen Einrichtungen (z.B. Schule, Frühförderstelle). Im sog. „Individualbericht“ gibt es mehrere Möglichkeiten, sich Beobachtungsergebnisse anzeigen zu lassen (siehe Abbildung 2).
Qualitative Auswertung
Die erste und grundlegende Form der Auswertung von KOMPIK im Individualbericht ist die qualitative Auswertung der einzelnen Fragen. Der differenzierte Blick auf die einzelnen Beobachtungen zu jedem Entwicklungsbereich ist zentral für die praktische Arbeit mit KOMPIK, also z.B. für die pädagogische Planung oder für Entwicklungsgespräche mit Eltern. Die Fragen geben einen sehr detaillierten Einblick über einzelne Kompetenzen und Interessen im jeweiligen Entwicklungsbereich. Diese qualitative Auswertung erfordert keine weiteren Berechnungen; sie kann unmittelbar nach dem Abschluss der Beobachtungen durchgeführt und für die pädagogische Arbeit genutzt werden.
In der Handreichung zu KOMPIK wird diese pädagogische Umsetzung von Beobachtungsergebnissen genauer beschrieben. Fallbeispiele, die mit Einrichtungen erarbeitet wurden, und Leitfragen erläutern das konkrete Vorgehen und worauf genauer zu achten ist.
Wenn Beobachtungen für mehrere Zeitpunkte vorliegen, lässt sich für jede einzelne Frage auf einen Blick sehen, ob sich hier „etwas bewegt hat“ (siehe Abbildung 3).
Mittelwertprofil
Eine zweite, stärker zusammenfassende Form der Auswertung ist das sog. „Mittelwertprofil“. Es informiert über das „Niveau“ eines Kindes in einem bestimmten Entwicklungsbereich oder Teilbereich.
Wichtig: Bei den Mittelwerten ist (wie bei den einzelnen Beobachtungsfragen) immer mit zu bedenken wie alt ein Kind ist. In der Regel haben jüngere Kinder entwicklungsbedingt bei vielen Kompetenzen niedrigere Werte. Dies ist völlig normal und muss bei der Bewertung von Beobachtungsergebnissen (und bei den Erwartungen, die man an ein Kind richtet) immer mitbedacht werden. Mittelwerte eignen sich deshalb nicht so gut für den Vergleich zwischen verschiedenen Kindern, wohl aber für den Vergleich „innerhalb“ eines Kindes: Es ist also durchaus aufschlussreich, die Mittelwerte bei einem Kind für verschiedene Zeitpunkte gegenüber zu stellen. So wird sichtbar, wo Veränderungen im Verlauf der Zeit stattgefunden haben und wo nicht (siehe Abbildung 4).
Normwertprofil
Eine dritte Form der individuellen Auswertung ist die Berechnung sog. „Normwerte“. Hier werden die KOMPIK-Ergebnisse eines einzelnen Kindes mit den Werten einer großen, repräsentativen Stichprobe verglichen. So lässt sich bestimmen, wie stark die Kompetenzen und Interessen des jeweiligen Kindes im Vergleich zu seinen Alters- und Geschlechtsgenossen ausgeprägt sind. Ein Kind wird in jedem Entwicklungsbereich einer Gruppe von eins bis zehn zugeordnet. „Gruppe 1“ bedeutet, dass das Kind zur Gruppe der untersten 10 Prozent gehört; „Gruppe 10“ bedeutet, dass ein Kind, verglichen mit anderen Kindern seines Alters und Geschlechts, zu den 10 Prozent Kindern mit den höchsten Werten gehört.
Die „Gruppen“-Werte für die einzelnen Entwicklungsbereiche werden im sog. „Normwertprofil“ zusammengefasst. Es lässt auf einen Blick für jeden Bereich erkennen, wo ein Kind, verglichen mit Gleichaltrigen, „steht“. Normwerte werden in der Pädagogik gelegentlich kritisch gesehen und sind für die pädagogische Nutzung von KOMPIK auch nicht unbedingt notwendig. Sie können aber manchmal durchaus hilfreich sein, z.B. wenn es um die Einschulung eines Kindes geht. KOMPIK bietet die Berechnung der Normwerte als Option, d.h. man kann sie abrufen und nutzen.
Wichtig: Die Berechnung sog. Normwerte bedeutet nicht, wie häufig angenommen, eine „Bewertung“ – oder bei niedrigen Werten – gar die „Abwertung“ eines Kindes. Normwerte geben zunächst vielmehr rein beschreibend, aber objektiv, Auskunft auf die Frage: „Wo steht ein Kind, z.B. in seiner motorischen Entwicklung?“ Diese Feststellung bedeutet nicht eine pauschale Abstempelung oder Etikettierung, sondern lenkt immer zu den Fragen: Warum ist das so, wie ist es dazu gekommen?“ und „Was kann ich praktisch unternehmen um dieses Kind in seiner jeweils speziellen Situation und in seiner individuellen Entwicklung angemessen zu unterstützen. Mit der reinen Feststellung eines Entwicklungsstandes allein ist also gar nichts gewonnen.
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Quelle und Autoren
Dieser Artikel unter dem Namen "Noch ein Beobachtungsbogen? KOMPIK – ein neues Verfahren für Kindertageseinrichtungen (2)" erschienen in KiTa aktuell BY 2011 Heft 11, S. 257-260.
Toni Mayr
Dipl.- Psychologe, München, war bis zu seinem Tode wissenschaftlicher Referent am Staatsinstitut für Frühpädagogik, IFP
Martin Krause
Dipl.- Psychologe, München, Wissenschaftlicher Referent am Staatsinstitut für Frühpädagogik, IFP